Im September 1944 – kurz vor der Befreiung Luxemburgs – verhaftete die Gestapo Widerstandskämpfer:innen in Frankreich und Luxemburg und brachte sie über die Grenze nach Deutschland, wo sie auf den Friedhöfen von Palzem und Nennig ermordet wurden.
- Germaine Causier und George Claudon
- Michael Bockler, Nicolas Weiwers und Emile Deiskes
- Pierre Ponath und Günther Schumacher
- Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck
- Juristische Aufarbeitung
Germaine Causier und Georges Claudon
Germaine Causier wurde 1902 in Dinan, Cote du Nord, geboren und lebte zuletzt in Audun-le-Roman. Unter dem Pseudonym „Eliane“ 1 war Germaine Causier im Widerstand aktiv.
Georges Claudon war ein französischer Reserveoffizier.2 Er wurde 1883 in Pont-à-Mousson geboren. Sein letzter Wohnsitz war ebenfalls Audun-le-Roman.
Germaine Causier und Georges Claudon wurden, wahrscheinlich aufgrund einer Denunziation, in der Nacht auf den 5. oder 6. September 1944 von einer Einheit der Wehrmacht verhaftet und der Gestapo übergeben. Sie wurden am 9. September auf dem Friedhof in Nennig erschossen.
Die Leichen von Germaine Causier und Georges Claudon wurden repatriiert und am 11. Januar 1946 in Audun-le-Roman beigesetzt.
Die Namen von Germaine Causier und George Claudon sind im Monument aux morts der Stadt Audun-le-Roman eingraviert und eine Straße ehrt Germaine Causiers Andenken.
Germaine Causier war Pächterin eines Sportcafés. Gemeinsam mit ihrer Tochter Olga schloss sie sich zunächst der kommunistischen Widerstandsgruppe "Abel", vermutlich eine Untergruppe der F.T.P.F. 3 an. Später waren sie in der Gruppe "Julien" aktiv. Causiers Tochter Olga war unter dem Psyeudonym "Odile" aktiv.
Bei der Verhaftung Germaine Causiers konnte Olga fliehen, da ihre Mutter die Tür die Tür öffnete und Olga Zeit verschaffte, sich zu verstecken.
Die Leiche von Germaine Causier wurde zunächst nackt verscharrt, ihre Trauringe durch die Totengräber Heinrich Reinert und Peter Schettgen entwendet.
Der Leichnam von George Claudon wurde später anhand seines Anzugs von seiner Frau identifiziert.






1) www.polejeanmoulin.com/page-28/page-107
2) LASaar_StAnw_2661, S.43
3) F.T.P.F. „Francs-tireurs et partisans français“
Michael Bockler, Nicolas Weiwers und Emile Deiskes
Die luxemburgischen Staatsbürger Michael Bockler, Hilfsarbeiter, und Nicolas Weiwers, Blechwalzer, wurden am 2. oder 3. September in Dudelange festgenommen.
Die Stadtbevölkerung erwartete zu diesem Zeitpunkt bereits die Ankunft der amerikanischen Truppen, als eine SS-Einheit erschien und in die Menge schoss. Sechs Menschen, darunter ein Kind, kamen ums Leben. Vier weitere Menschen, darunter Bockler und Weiwers, wurden deportiert.
Ihr Tod wurde vom Leiter der Gestapo, Walter Runge, beschlossen.
Michael Bockler und Nicolas Weiwers wurden im September 1944 auf dem Friedhof in Nennig erschossen.
Der luxemburgische Fabrikarbeiter Emile Deiskes wurde 1919 in Kayl geboren. Er wurde Anfang September 1944 verhaftet, als er gemeinsam mit einem Freund Fahrräder vor den Deutschen verstecken wollte.
Laut der Zeugenaussage seines Begleiters wurde Deiskes während der Verhaftung so misshandelt, dass er das Bewusstsein verlor.
Emile Deiskes wurde am 9. September um 19 Uhr auf dem Friedhof in Nennig erschossen. 1 Seine Familie erfuhr erst Monate später von seinem Tod.
In den Ermittlungsakten im Landesarchiv Saarbrücken findet sich eine ausführliche Akte zur Verhaftung Emile Deiskes, die u. a. eine Zeugenaussage seines Freundes Nicolas Urbany enthält, der bei der Verhaftung anwesend war.
Die Verhaftung Emile Deiskes scheint eine Verkettung sehr unglücklicher Umstände zu sein. Deiskes wurde durch den Bannführer Siegfried Hoffman verhaftet, als er gemeinsam mit Urbany Fahrräder vor den Deutschen in einer Werkstatt verstecken wollte. Beim Verlassen der Werkstatt wurden beide von Deutschen gestellt und durchsucht.
Bei der Durchsuchung fand man bei Deiskes ein rot-weiß-blaues Bändchen, Patronen und eine Waffe. Laut der Zeugenaussage seines Begleiters wurde Deiskes während der Verhaftung von Hoffman mehrfach heftig an den Kopf geschlagen und mit Fußtritten so misshandelt, dass er das Bewusstsein verlor.2
Emile Deiskes wurde am 9. September um 19 Uhr auf dem Friedhof des Dorfes Nennig in Deutschland ermordet.
Auch die Leiche von Emile Deiskes wurde zunächst nackt verscharrt und beraubt.
1) aus dem Urteil des Tribunal de Premiere Instance in Rastatt für die Aburteilung von Kriegsverbrechen gegen Friedrich Schmidt, LASaar_StAnw_2665
2) LASaar_StAnw_2658
Pierre Ponath und Günther Schumacher
Pierre (Putty) Ponath war Elektriker bei der ARBED in Esch-sur-Alzette in Luxemburg. Ponath war Mitglied der Resistenzorganisation Lëtzebuerger Fräiheetskämpfer. Am 23. August 1944 wurde er verhaftet und in das ehemalige Gendarmerie-Gefängnis in der Rue du Nord nach Esch gebracht, verhört und geschlagen. Aus Angst, dem Druck weiterer Verhöre nicht standhalten zu können, erhängte sich Ponath am 26. August in seiner Zelle.
Sein Leichnam wurde von der Gestapo nach Nennig gebracht und dort auf dem Friedhof anonym begraben. Nach dem Krieg wurden seine sterblichen Überreste exhumiert und in Esch feierlich beigesetzt.
Pierre Ponath wurde posthum mit den Ehrentiteln „mort pour la patrie“ („Gestorben für das Vaterland“) und „résistant“ („Widerstandskämpfer“) ausgezeichnet. Im Juni 2015 wurde in Esch ein Platz nach ihm benannt.9
Günther Schumacher war Mitglied der Differdinger Resistenzorganisation PI-MEN, für die er vor allem als Bote aktiv war. Er wurde am 3. August 1944 von der Gestapo verhaftet und bei einem Fluchtversuch kaltblütig erschossen.
Auch die Leiche von Günther Schumacher wurde von der Gestapo nach Nennig gebracht und anonym begraben. Seine sterblichen Überreste wurden bis zum heutigen Tag nicht gefunden.
Fotos und weitere Informationen zu Pierre Ponath sind in einer Broschüre der Stadt Esch (Seite 10) zu finden.
Weitere Informationen zu Pierre Ponath und Günther Schumacher sind im Ausstellungskatalog Gestapo-Terror in Luxemburg ab Seite 105 zu finden.
9) www.lequotidien.lu/luxembourg/esch-sur-alzette-place-au-heros-inconnu
Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck
Am 4. September 1944 griffen französische Widerstandskämpfer der F.F.I. Gruppe „Cosson“ an der Straßenkreuzung der Route National Nr. 381 und der Straße von Murville nach Landres deutsche Soldaten an.
Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem die Cousins Paul und Yves Kauffman, beide 17 Jahre alt, sowie Alexandre Caponi, 36 Jahre alt, getötet wurden.1
Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck wurden verhaftet und in der Villa Pauly in Luxemburg (Stadt) verhört. Vermutlich am 8. September 1944 wurden sie nach Palzem gebracht und dort erschossen. Edmond Helck war 16 Jahre alt.
Nach dem Krieg wurden die Leichen von Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck nach Piennes überführt und dort unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.
Ihre Gräber befinden sich an der Gedenkstätte der Résistance auf dem Friedhof in Piennes.
Trauerfeier in Piennes





Die Gräber auf dem Friedhof von Piennes
1) LASaar_StAnw_2659, S.63, F.F.I. „Forces françaises de l’intérieur“
2) LASaar_StAnw_2664, S.10
3) LASaar_StAnw_2665, S.232
Juristische Aufarbeitung nach dem Krieg
Das Tribunal de Premiere Instance in Rastatt für die Aburteilung von Kriegsverbrechen verurteilte den beteiligten Gestapobeamten Friedrich Schmidt 1949 in Abwesenheit zum Tode und begründete dies damit, dass alleine seine Anwesenheit bei den Erschießungen ohne Gerichtsverfahren und Urteil eine Mittäterschaft begründen würden, dass aber nach Zeugenaussagen von einer aktiven Beteiligung an den Morden auszugehen sei. 1
Das Urteil gegen Friedrich Schmidt wurde nie vollstreckt. Ein Ende der 50er Jahre eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt, da zwar viele seiner ehemaligen Gestapo-Kollegen verhört wurden, er aber von allen gedeckt wurde. Darüber hinaus wurde er von Kollegen als "charakterlich einwandfreie Persönlichkeit" geschildert, der etwas "derartiges nicht zuzutrauen sei". 2
1) LASaar_StAnw_2665
2) Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Friedich Schmidt